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Elektrocamper E-Luise von Schau aufs Land

FAQ zum Thema Elektromobilität

FAQ zum Thema Elektromobilität

Leonard Röser

21. September 2022

Leonard ist der Wissenschaftler in unserem Team und geht hier ausführlich auf häufige Fragen rund um das Thema Elektromobilität und Nachhaltigkeit ein.

Leonard Röser von Schau aufs LandIch möchte die Gelegenheit nutzen, um gerne einmal meine Sicht zum Thema Elektromobilität darzustellen. Erstmal vorne weg, ich habe Umweltsystemwissenschaften studiert und mich in meinem Studium intensiv mit dem Thema menschengemachter Klimawandel und deren Auswirkungen auseinandergesetzt. Seitdem ist für mich eines klipp und klar, wir sollten alles daran setzen, die Erderwärmung so schnell es geht zu stoppen.

Denn wenn ich eines in meinem Studium gelernt habe, dann ist es das, dass sich die Wissenschaft einig ist: Eine Erwärmung unserer Erde über 1,5 oder 2 Grad wird das Leben auf der Erde drastisch und vor allem negativ verändern. Ich möchte darauf aber jetzt nicht im näher darauf eingehen, Details dazu findet man im aktuellen Bericht des Weltklimarates (Quelle).

Mit diesen Erkenntnissen durch mein Studium kann ich gar nicht anders, als nach Möglichkeiten zu schauen, was ich tun kann, um klimafreundlicher zu leben. 100 % Ökostrom, eine vorwiegend vegetarische/vegane und regionale/biologische Ernährung, Second-Hand-Käufe, Stadtmobilität mit dem Rad uvm. gehören schon zu meinem Alltag, auch ein Flugzeug habe ich schon sehr lange nicht mehr betreten, aber das Reisen mit meinem Camper ist nach wie vor eine Leidenschaft, auf die ich nicht verzichten möchte. Also habe ich mich nach Alternativen umgeschaut und derzeit gibt es eigentlich nur eine: die Elektromobilität.

Gleich eines vorweg, die Elektromobilität ist nicht das Gelbe vom Ei und es muss sich noch sehr viel ändern, dass wir hier von einer wirklich nachhaltigeren Alternative reden. Aber sie bietet definitiv einen Ansatz und vor allem eine Lösung, wie wir den Verkehr, der ja doch für fast 50 % der CO₂-Emissionen in Österreich verantwortlich ist (Quelle), klimafreundlicher machen können.

Kritische Fragen & Antworten:

Ganz wichtig an dieser Stelle, wir reden hier über klimafreundlich, nicht über umweltfreundlich, dieser Frage widme ich weiter unten.

Zur Frage: Von mir ein klares Ja, wenn sie denn richtig umgesetzt wird. Ganz vorne weg ist der Ausbau der erneuerbaren Energien einer der wichtigsten Meilensteine, um die Elektromobilität langfristig klimafreundlich zu machen. Doch das ist so oder so ein großes Ziel aller Länder und somit schon in der Umsetzung.  Aber auch jetzt schon ist man in Österreich mit einem Elektroauto meist klimafreundlicher unterwegs als mit einem Auto mit Verbrennungsmotor. 

Dazu hier ein einfaches Rechenbeispiel VW Golf Diesel/Benzin vs. VW e-Golf (mit den gegebenen Zahlen kann man zu jedem Fahrzeug die Klimabilanz berechnen):

CO₂-Emissionen von 1 Liter Diesel: 3,14 kg (Quelle)
CO₂-Emissionen von 1 Liter Benzin: 2,89 kg (Quelle)
CO₂-Emissionen 1 kWh Energie (Energiemix Österreich): 0,219 kg (Quelle)
CO₂-Emissionen 1 kWh Energie (100 % Ökostrom Österreich): 0,014 kg (Quelle)

CO₂-Emissionen für die Produktion 1 kWh Batterieleistung: 75 kg (Quelle)

VW Golf Diesel: Verbrauch 5,7l/100 km (Quelle)
VW Golf Benzin: Verbrauch 7,6l/100 km (Quelle)

VW e-Golf: Verbrauch 16 kWh/100 km (Quelle)
VW e-Golf CO₂-Emissionen durch die Produktion der Batterie (35.8 kWh): 2.685 kg CO₂

VW Golf Diesel nach 150.000 km: 26.847 kg CO₂
VW Golf Benzin nach 150.000 km: 32.946 kg CO₂

VW e-Golf nach 150.000 km (Energiemix Österreich): 5,256 CO₂ + Batterie = 7941 kg CO₂
VW e-Golf nach 150.000 km (100 % Ökostrom Österreich): 336 kg CO₂ + Batterie = 3021 kg CO₂

Wie dieses Rechenbeispiel zeigt, können wir bei einer Laufleistung von 150.000 km bereits eine sehr große Menge an CO₂ Emissionen einsparen. Und damit also für mich ganz klar ein Beitrag, um in Zukunft klimafreundlicher unterwegs zu sein. 

Wie viele Kilometer muss man mit einem Elektroauto fahren, um klimafreundlicher unterwegs zu sein als mit einem Fahrzeug, dass mit Benzin oder Diesel angetrieben wird?

An erster Stelle möchte ich auf zwei wichtige Punkte eingehen.

  1. Die Zahlen aus der leider immer noch viel zitierten Schweden Studie (IVL-Studie) aus dem Jahre 2017 sind bereits veraltet und von den selbigen Forschern nach untern korrigiert (Quelle). Hier eine aktuelle Studie auf dessen Zahlen ich mich auch berufe (Quelle).
  2. Bei fast allen deutschsprachigen Studien zu den CO2 Emissionen von Elektroautos werden die CO2 Emissionen hergenommen, die bei der Produktion in  von 1 kWh Strom aus deutschen Strommix anfallen (ca. 400 Gramm pro Kilowattstunde) (Quelle). In Österreich sind es aber ca. 219 Gramm pro Kilowattstunde (Quelle). Somit macht es am meisten Sinn, sich das selbst einmal auszurechnen.

Mit folgenden Daten kann man sich das für jedes Fahrzeug ausrechnen:

CO₂-Emissionen von 1 Liter Diesel: 3,14 kg (Quelle)
CO₂-Emissionen von 1 Liter Benzin: 2,89 kg (Quelle)
C0₂-Emissionen 1 kWh Energie (Energiemix Österreich): 0,219 kg (Quelle)
C0₂-Emissionen 1 kWh Energie (100 % Ökostrom Österreich): 0,014 kg (Quelle)
CO₂-Emissionen für die Produktion 1 kWh Batterieleistung: 75 kg (Quelle)

Ich nehme hier einfach wieder den VW Golf als Beispiel, kann aber auch mit jedem anderen Fahrzeug berechnet werden:

VW Golf Diesel: Verbrauch 5,7l/100 km (Quelle)
CO₂-Emissionen pro Kilometer: 0,17898 kg

VW Golf Benzin: Verbrauch 7,6l/100 km (Quelle)
CO₂-Emissionen pro Kilometer: 0,21964 kg

VW e-Golf: Verbrauch 16 kWh/100 km (Quelle)
CO₂-Emissionen pro Kilometer (Energiemix Österreich): 0,06132 kg

VW e-Golf CO₂ Emissionen durch die Produktion der Batterie (35.8 kWh): 2.685 kg CO₂

Im Vergleich zum VW Golf Diesel wären wir mit dem VW e-Golf mit dem österreichischen Strommix nach 25.000 Kilometer klimafreundlicher unterwegs sein. Im Vergleich zum VW Golf Benzin nach bereits 19.000 Kilometern.

Wenn mir diese Frage gestellt wird, stelle ich am liebsten immer erst einmal die Gegenfrage, was denn eine sinnvolle und vor allem eine klimafreundliche Alternative ist. Nicht weil ich von der Frage ablenken möchte, sondern weil mich diese Frage selbst brennend interessiert. Sobald es denn Alternativen gibt, die umweltfreundlicher, sozial gerechter und auch noch klimafreundlich sind, bin ich dabei. Dann verwerfe ich gerne alle bisherigen Pläne. 🙂 Doch bisher habe ich persönlich leider noch keine gefunden.

Aber zurück zur Frage, die Antwort darauf lautet leider Ja. Doch wie sieht es mit den Alternativen aus? Denn auch die Herstellung von Benzin und Diesel hat extreme Umweltauswirkungen. Also auch hier heißt es wieder das gesamte Bild zu betrachten und sich nicht nur auf eine Sache fokussieren. 

Themen wie Wasser-, Ressourcen-, Energie- und Landverbrauch haben wir sowohl bei der Produktion von Batterien wie auch der Förderung von Öl. Beim Öl haben wir leider nur immer wieder kleinere und größere Naturkatastrophen durch den Verlust von Öl in der Natur und im Wasser (Quelle). Diese darf man nicht einfach ignorieren. Doch auch beim Abbau von Lithium sinkt vor allem in Wasser knappen Regionen (z.B. der Atacama-Wüste in Chile) der Grundwasserspiegel und häufig wird auch Trinkwasser kontaminiert (Quelle). Also beides definitiv nicht das Gelbe vom Ei. Ein wichtiger Aspekt, der leider häufig nicht mit diskutiert wird, wir nehmen Metalle wie z.B. Lithium nur einmal aus der Erde und führen sie so einem Kreislauf zu. Diese Metalle können bei richtiger Verwendung und vor allem mit Möglichkeiten des Recyclings für einen sehr langen Zeitraum Nutzen stiften. Im Gegensatz wird das Öl, dass wir aus der Erde holen, verbrannt und ist damit weg, es kann nicht wiederverwendet werden. Für mich ein wichtiger Unterschied zwischen Öl und Batterie. Jedoch ist eines auch klar, es muss sich noch sehr viel tun, damit die Produktion von Batterien wirklich umweltfreundlich wird und auch dass das Recycling ökologisch und ökonomisch durchführbar wird. Die gute Nachricht, an diesen Zielen wird schon intensiv daran gearbeitet.

Und wie schon am Anfang erwähnt, mein Hauptziel liegt im Moment darin, in Zukunft mit einem Camper klimafreundlicher unterwegs zu sein, und dieses Ziel erreiche ich schon einmal mit der E-Luise (siehe oben). Das heißt aber nicht, dass mir die Umweltauswirkungen egal sind. Durch unseren Upcycling-Prozess versuchen wir ja schon bewusst die negativen Umweltauswirkungen zu minimieren. Auf die Batterien sind wir jedoch leider immer noch angewiesen. Doch es ist jetzt schon geplant, dass die Batterien der E-Luise ein second-life als Hausspeicher bekommen werden. Also die Nutzung für die nächsten 10-20 Jahre sind schon einmal garantiert. Und ich gehe schwer davon aus, dass bis dahin es möglich sein wird, die Batterien wieder sinnvoll zu recyclen, die Materialien also für einen noch viel längeren Zeitraum im Kreislauf der Nutzung bleiben. 

Auch diese Frage kann ich nur mit Ja beantworten. Doch mir ist es wichtig, dass man immer das Große und Ganze betrachtet und nicht mit Scheuklappen sich auf eine Sache fokussiert. Für mich ist es nämlich falsch eine Sache zu verteufeln, aber gleichzeitig andere Dinge oder Alternativen zu akzeptieren, die teilweise weitaus schlimmere Folgen haben. Aber zurück zur Frage.

Für die Gewinnung von Lithium wird unter anderem Wasser zum Verdampfen gebracht. Dadurch werden große Mengen an Wasser benötigt, um den kostbaren Rohstoff zu gewinnen. Wissenschaftliche Studien variieren da sehr stark, von 400.000 l pro Tonne Lithium (Quelle) bis hin zu 2.000.000 Liter pro 1 Tonne Lithium (Quelle). In einer Batterie eines Elektroautos werden zwischen 7 und 12 kg Lithium verbaut (Quelle) je nach Studie sprechen wir also von ca. 4000 bis 20.000 Liter Wasser, die für die Produktion eine E-Auto-Batterie verbraucht werden. Das ist definitiv eine sehr große Menge. Wichtig ist jedoch auch, dass es sich dabei häufig nicht um Trinkwasser handelt, sondern um Sole, also sehr salzhaltigem Wasser. Nichtsdestotrotz ist davon der Grundwasserspiegel betroffen und dieser betrifft eine ganze Region und somit viele Menschen. Doch bevor man dadurch die Elektromobilität verteufelt, sollte man zum einen sich auch im Klaren sein, dass das Lithium, welches für die Batterien abgebaut wird, nicht nur in Autobatterien landet. Fast jeder Akku in alles elektronischen Geräten beinhaltet Lithium, und davon gibt es auf unserer Erde Unmengen. Werden diese Geräte deswegen ebenfalls verteufelt? Zum anderen verunreinigen wir jedes Jahr eine Unmenge an Wasser durch den Verlust von Erdöl in der Natur oder im Wasser. Bereits 1 Liter Erdöl reicht aus, um 1 Million Liter Wasser zu verunreinigen (Quelle). Jährlich landen jedoch Unmengen an Öl im Wasser je nach Quelle zwischen 150.000 Tonnen (Quelle) bis hin zu mehr als 1 Million Tonnen (Quelle). Allein in der Nordsee sind es zwischen 4000 und 6000 Tonnen pro Jahr (Quelle). 

Ich möchte damit den Wasserverbrauch von der Lithium-Produktion gar nicht schönreden. Auch ich bin dafür, dass wir in Zukunft Lithium umweltfreundlicher und wassersparender abbauen können und setzte mich auch aktiv dafür ein. 

Weitere extrem wasserintensive Produktionen:

1 kg Rindfleisch benötigt ca. 15.000 Liter Wasser (Quelle)
1 kg Baumwolle benötigt ca. 10.000 Liter Wasser (Quelle)
1 kg Butter benötigt ca. 5000 Liter Wasser (Quelle

Endlich mal eine einfach und klare Antwort: Die Batterien, die wir für die E-Luise verwenden, sind Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien, die schon ohne Kobalt auskommen.

In Zukunft wird es ziemlich sicher auch Batterien ohne Lithium geben, soweit ist es aber leider noch nicht. Doch dass kan sich schon sehr bald ändern. Bereits für 2023 hat der Batteriehersteller CATL eine Batterie angekündigt, die auf Lithium, Kobalt und Nickel verzichtet (Quelle). 

Oh ja, das hätten wir. Aber sind wir mal realistisch, es werden ja nicht alle Autos der Welt von heute auf morgen mit elektrisch betrieben Fahrzeugen ausgetauscht. Dieser Prozess wird noch viele Jahre dauern. Und diese Zeit muss natürlich genutzt werden, um das Stromnetz dahingehend auszurichten bzw. auch neue Ideen und Ansätze mit einzubauen.

Eine sinnvolle Zukunftsausrichtung der Elektromobilität ist z.B. das sogenannten V2G (Vehicle to grid). Dabei dient der große Batteriespeicher der Elektroautos als Puffer für das Stromnetz, was wiederum der Energiewende sehr zugutekommen wird, da mehr erneuerbare Energien gespeichert werden können (Quelle).

Dazu erstmal eines vorweg: "Industrie- und Fahrzeug-Altbatterien sind ausnahmslos dem Recycling (stoffliche Verwertung) zuzuführen: Die energetische Verwertung oder sogar die Beseitigung (z.B. Deponierung) ist EU-weit nicht gestattet" (Quelle). Also auf dem Müll landen sie nicht.

Ganz im Gegenteil, diese Batterien sind immer noch sehr viel wert, selbst dann, wenn sie nicht mehr genügend Kapazität für ein Elektroauto haben.

Nicht mehr genügend Kapazität für ein Elektroauto heißt, dass die Batterie noch eine Kapazität von 70 bis 80 % hat. Ob das nach 5, 10 oder 20 Jahren passiert, hängt von verschieden Faktoren wie z.B. der gefahrenen Kilometer oder der Art des Ladens ab. Diese Kapazität ist aber mehr als ausreichend, um die Batterie als Hausspeicher oder als allgemeinen Pufferspeicher zu nutzen. Das so genannte Second-Life der Batterien ist also eine ökologisch sowie ökonomisch sinnvolle Sache und findet auch immer mehr Anklang (Quelle). 

Doch auch diese Batterien werden irgendwann ihren Geist aufgeben und dann ist es wichtig, dass diese recycelt werden. Denn nur dann können wir von einer wirklich nachhaltigen Nutzung der Batterien sprechen. Doch auch in diesem Bereich tut sich schon einiges. Allgemein gilt das Recycling von den Batterien schon als technisch möglich. Es gibt jedoch noch weiteren Optimierungsbedarf (Quelle). Die Recyclinganlage der Firma Umicores schafft jedoch bereits bis zu 7.000 Tonnen pro Jahr behandeln (Quelle). 

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