Vielerorts sind wir von ihnen umgeben, ob wir wollen oder nicht. Manchmal erscheinen sie uns als lästig, aber ohne ihre Existenz, wäre unsere bedroht. Die Rede ist von: Insekten.
Beeindruckende Zahlen und Fakten
Insekten zählen zur artenreichsten Tiergruppe auf der Erde und verfügen über eine breite Formen- und Farbenvielfalt. Bekannt und wissenschaftlich dokumentiert sind derzeit zwischen 925.000 und 1.000.000 Arten – die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Schätzungen zufolge könnte es zwischen 2 und 50 Millionen Arten geben. Eine große Bandbreite, welche den weiteren Forschungsbedarf unterstreicht. In Österreich wird der Bestand auf 40.000 Insektenarten geschätzt, davon sind 345 endemisch, kommen also nur in Österreich vor.
Das Herz aller ökologischer Prozesse
Insekten sind fleißige Helfer des ökologischen Gleichgewichts und wahre Trendsetter, wenn es um das Thema Recycling geht. So helfen sie bei der Zersetzung von abgefallenem Pflanzenmaterial und toter Tiere.
Eine Untersuchung im New Yorker Stadtteil Manhatten hat ergeben, dass Insekten, besonders Ameisen, an 24 begrünten Mittelstreifen über ein Jahr hinweg etwa 4 bis 6,5 kg Essensabfälle „entsorgt“ haben. Sie sind also echte Müllwerker! Insekten verbessern zudem die Bodenqualität und sind wichtige Bestäuber vieler Pflanzen – die größte Zahl der Blütenpflanzen wird von Insekten bestäubt. Darüber hinaus bilden Insekten die Nahrungsgrundlage vieler anderer Tiere und spielen daher eine bedeutende Rolle fürs gesamte Ökosystem.
Alarmierende Studienergebnisse
Doch Studien belegen den weltweiten Rückgang von Insekten. So dokumentierte die im Jahr 2017 im Wissenschaftsjournal PLOS ONE veröffentlichte Krefelder Studie einen Rückgang der Fluginsekten-Biomasse um 75 Prozent innerhalb der vergangenen 27 Jahre. In einer weiteren Studie aus dem Jahr 2019 wiesen australische Forscher darauf hin, dass wohl mehr als 40% aller Insekten weltweit in den nächsten Jahrzehnten aussterben werden.
Dabei sinkt nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch die der Individuen dramatisch. Studien und rote Listen dokumentieren seit Jahren diesen Abwärtstrend – Nach wie vor mangelt es allerdings an konkreten Maßnahmen zum Schutz der Insektenvielfalt.
Das Insektensterben – eine globale Wirkungskette
Durch die engen ökosystemaren Zusammenhänge, wirkt sich der Verlust unmittelbar auf die Bestandsentwicklung anderer Tier- und Pflanzenarten aus. Ganze Nahrungsketten brechen zusammen. Viele Vogelarten – darunter alle Singvögel – leiden besonders, da sie nicht ausreichend Nahrung zur Versorgung ihres Nachwuchses finden.
Aber auch Landschaftsbilder werden durch das Insektensterben verändert. Flüsse und Seen können sich durch den Mangel an Insekten und deren Larven zu stinkenden Kloaken entwickeln, da die kleinen Helfer wesentlich zur Wasserreinigung beitragen. Zudem wird die Farbenvielfalt abnehmen, da mit den Insekten auch die von ihnen abhängigen Blumen schwinden.
Die Auswirkungen sind global unterschiedlich stark bemerkbar. Diese werden meist aus (land)wirtschaftlicher Sichtweise analysiert. In Europa sind demnach die Konsequenzen noch nicht so deutlich zu spüren wie beispielsweise in Asien. Die Auswirkungen auf den Ernteertrag sind in weiten Teilen Chinas jetzt schon gravierend. In einem der wichtigsten Obstanbaugebiete, in Sichuan, lebt kaum noch ein Tier. Aber auch die Provinzen Shanxi und Teile Xinjiangs sind stark gefährdet. Aus diesem Grund müssen bereits die Blüten unterschiedlichster Obstbäume von Hand bestäubt werden. So gehen chinesische Farmer, wie auf dem Foto ersichtlich, beispielsweise von Aprikosenblüte zu Aprikosenblüte und von Baum zu Baum, um die Arbeit der Bienen zu ersetzen.
Auch in Europa ist die Landwirtschaft unmittelbar auf Insekten angewiesen: So werden Erdbeeren, Äpfel, Raps oder Gurken von Insekten bestäubt.
Ursache
Als Grund für das dramatische Insektensterben in China, wird der jahrelange Pestizideinsatz auf den Plantagen angeführt, der Imker dazu veranlasst hat ihre Bienenvölker nicht mehr zu den Plantagen zu bringen. Pflanzengifte wie Neonikotinoide sind dort zugelassen und werden deshalb auch weitläufig angewendet.
Umweltexpert:innen weltweit sind sich einig: Die Zerstörung der Lebensräume von Insekten, durch intensive Landwirtschaft, agrochemische Schadstoffe mit Breitbandpestiziden, die Wildkräuter und Insekten flächendeckend vernichten, sind mitverantwortlich. Der Klimawandel und invasive Arten tragen einen weiteren Teil dazu bei.
Was wir tun können
Um im Sinne der Insekten und letztlich auch in unserem eigenen Interesse zu handeln, bedarf es nicht viel.
Ein paar Anregungen überblicksartig zusammengefasst:
- Eine farbenprächtige Blumenwiese säen: Sie muss weder gedüngt noch aufwendig bewässert werden. Beim Saatgut auf eine heimische Artenzusammensetzung achten. Mögliche Bezugsquellen innerhalb Österreichs: https://www.vomhuegel.at/product-page/bio-saatgut-f%C3%BCr-deinen- schnittblumen-garten oder https://www.arche-noah.at/
- Nicht zu oft und nicht alles auf einmal Mähen. Es reicht ein bis zwei Mal im Jahr eine Wiese zu mähen. Dabei in mehreren Etappen vorgehen, so dass immer etwas Fläche als Rückzugsort für Insekten bleibt. Das Schnittgut noch zwei bis drei weitere Tage liegen lassen, damit die Samen herausfallen können.
- Dauerhafte Nährstoffzufuhr verringert die Artenvielfalt – Bodenvielfalt fördert die Artenvielfalt.
- Insektennischen im eigenen Garten kreieren, beispielsweise durch Steinhaufen oder Trockenmauern.
- Wasserschale für Insekten installieren. Hier ein paar Informationen extern verlinkt, was bei einer Insektentränke zu beachten ist: https://www.geo.de/geolino/natur- und-umwelt/21727-rtkl-hitzewelle-wassertraenken-fuer-insekten-das-solltet-ihr- beachten
- Biologisch, regional und saisonal einkaufen. Am besten am Bauernmarkt bei einem Bio-Stand – oder/und wenn möglich, zumindest teilweise, selbst Obst, Gemüse und Kräuter anbauen.
Was darüber hinaus notwendig ist:
- Darüber hinaus bedarf es flächendeckender langfristiger Insektenmonitorings. Der Forschungsbedarf ist nach wie vor noch riesig.
- Insektizide sollten nur zugelassen werden dürfen, wenn verschiedene unabhängige Experten nachweisen, dass die Stoffe keine umweltschädlichen Auswirkungen haben.
- Der ökologische Landbau muss noch viel stärker gefördert werden.
- Eine Sozialpolitik ist notwendig, die es auch einkommensschwachen Gruppen ermöglicht sich Bio-Produkte zu leisten.
Der Beitrag wurde verfasst von Josefine Schneider.
Auf diese Quellen wurde zurückgegriffen:
https://www.dw.com/de/ohne-insekten-k%C3%B6nnen-wir-nicht-%C3%BCberleben/a- 44441782#:~:text=Viele%20Menschen%20sind%20von%20Insekten,toten%20Tieren%20auf %20der%20Stra%C3%9Fe. https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/insekten-und-spinnen/20997.html https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0185809 https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0006320718313636
https://www.deutschlandfunkkultur.de/bedrohte-oekosysteme-das-leise-sterben-der- insekten.976.de.html?dram:article_id=409173 https://www.idiv.de/de/news/archiv-2020/news-2020-single-view/2026.html https://www.hortus-insectorum.de/die-drei-zonen/ https://www.bundestag.de/resource/blob/651444/a774dc7e6ec2ef96e83a8e686171c14b/ WD-8-040-19-pdf-data.pdf https://www.tagesschau.de/ausland/asien/welt-bienen-tag-101.html https://www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/insektenatlas-2020/ https://www.landwirtschaft.de/diskussion-und-dialog/umwelt/insektensterben-in-deutschland
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Vielen Dank für einen sehr guten Artikel. Grüße